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Angriff gegen RettungskrÀfte - Ein grundlegender Beschluss des OLG Hamm
Verbale oder auch tĂ€tliche Angriffe auf EinsatzkrĂ€fte der Feuerwehren und des Rettungsdienstes sind â leider â an der Tagesordnung. Schon im Jahr 2011 hatte der Gesetzgeber auf diese Situation reagiert und in § 115 Absatz 3 Satz 1 Strafgesetzbuch (StGB) festgelegt, dass derjenige, der bei UnglĂŒcksfĂ€llen, gemeiner Gefahr oder Not Hilfeleistende der Feuerwehr, des Katastrophenschutzes, eines Rettungsdienstes, eines Ă€rztlichen Notdienstes oder einer Notaufnahme durch Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt behindert, bestraft werden kann.
Mit einer solchen Fallgestaltung hatte sich das OLG Hamm jetzt in einem Revisions-Verfahren zu befassen. In seinem Beschluss vom 10.03.2022 (Aktenzeichen 4 RVs 2/22) hat das Gericht grundlegende AusfĂŒhrungen zur Anwendung des § 115 Absatz 3 Satz 1 StGB gemacht.
SACHVERHALT (vereinfacht dargestellt)Â
UK NRW | BGWEine Radfahrerin war gestĂŒrzt und hatte sich eine stark blutende Kopfverletzung zugezogen. Ein Ersthelfer hielt mit seinem PKW in Höhe der Unfallstelle an und begann mit Erste-Hilfe- MaĂnahmen. Die etwas spĂ€ter eintreffenden Polizeibeamten stellten ihren Streifenwagen diagonal gegenĂŒber dem Fahrzeug des Ersthelfers ab. Zwischen beiden Fahrzeugen war eine hinreichende LĂŒcke, so dass der Verkehr vorbeiflieĂen konnte.
Der Angeklagte, den offensichtlich das am Fahrbahnrand abgestellte Fahrzeug des Ersthelfers störte, fuhr mit seinem PKW neben dieses Fahrzeug und hielt an. Hierdurch kam es in allen Richtungen zu einem RĂŒckstau. Den nunmehr am Unfallort eintreffenden Rettungswagen war die Zufahrt zur verletzten Radfahrerin versperrt.
Wegen dieses Verhaltens (und wegen Beleidigung/falscher Anschuldigung eines anwesenden Polizeibeamten) wurde der Angeklagte zu einer Geldstrafe von 110 TagessÀtzen verurteilt und es wurde ein viermonatiges Fahrverbot verhÀngt.
Die Bestrafung hielt der Angeklagte fĂŒr falsch und wandte sich in einem Revisionsverfahren an das OLG Hamm.
Das OLG Hamm hat die Revision des Angeklagten als unbegrĂŒndet verworfen und zum Grund der Regelung des § 115 Abs. 3 StGB (unten 1), zum Begriff des âHilfeleistendenâ (unten 2) sowie zum Begriff âdurch Gewalt behindernâ (unten 3) folgende grundlegenden AusfĂŒhrungen gemacht:Â
1. Grund der Regelung des § 115 Abs. 3 StGB
- § 115 Absatz 3 StGB sanktioniert ein Verhalten, das gesellschaftlich als unethisch und unmoralisch und in keiner Weise gerechtfertigt angesehen wird, nĂ€mlich das gewaltsame Behindern oder gar das Angreifen von RettungskrĂ€ften bei ihrem BemĂŒhen um Hilfeleistung in NotfĂ€llenÂ
- Gerade wegen der Verwerflichkeit dieser Handlungen hat sich der Gesetzgeber entschieden, den Schutz des § 113 StGB (Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte) auch auf Mitarbeiter von Rettungsdiensten auszudehnen.Â
- Dem Gesetzgeber ging es namentlich darum, den Respekt und die WertschĂ€tzung fĂŒr HilfskrĂ€fte zu unterstreichen.
2. Begriff: Hilfeleistende

- Die Besatzung eines (herannahenden) Rettungswagens zÀhlt zu den Hilfeleistenden eines Rettungsdienstes.
- Bereits das Hinbewegen der Hilfeleistenden zum Ort der Gefahr ist Teil der Hilfeleistung.
3. Begriff: Durch Gewalt behindern
- Behindern ist das Erschweren des Hilfeleistens in jeder Form
- Der Gewaltbegriff in § 115 Absatz 3 StGB entspricht jenem in § 240 StGB und § 113 StGB. Daher genĂŒgt auch die Gewalt gegen Sachen, wenn sie sich mittelbar physisch auf die Person des Hilfeleistenden auswirkt, dieser also einem körperlich vermittelten Zwang unterliegt.
- Gewalt liegt zudem schon dann vor, wenn nur der Weg zum Unfallort versperrt wird oder wenn die Hilfeleistenden einen nicht unerheblichen Umweg nehmen mĂŒssen.
- § 115 Absatz 3 StGB setzt eine endgĂŒltige oder auch zeitweise gĂ€nzliche Verhinderung der Hilfeleistung nicht voraus. Es genĂŒgt eine nicht ganz unerhebliche Erschwernis, die gerade auf den spezifischen Einwirkungen des eingesetzten Tatmittels zurĂŒckzufĂŒhren ist.
Es bleibt zu hoffen, dass diese gerichtliche Entscheidung potenzielle TÀter davon abhÀlt, Hilfeleistende bei ihrem Einsatz zu behindern.
Hinweis:
Der vorstehende Text wurde aus dem Magazin "FEUERWEHReinsatz:nrw 5/2022" entnommen.
Autor: Dr. Klaus Schneider