Hautbelastung im Rettungsdienst

RW Hautbelastung im Rettungsdienst

Hauterkrankungen stehen seit Jahren an der Spitze der gemeldeten Berufskrankheiten. Sie machen 40 % aller angezeigten Berufskrankheiten bei der Unfallkasse NRW aus. Im Rettungsdienst besteht die Gefahr, dass die Haut durch häufiges Händedesinfizieren und lange Handschuhtragezeiten belastet wird. Durch das eigene Verhalten kann die Haut noch stärker belastet werden, wenn z. B. Desinfektionsarbeiten mit nicht chemikalienbeständigen Handschuhen durchgeführt werden oder wenn die Haut nicht durch geeignete Hautprodukte geschützt wird.

Hautgefährdung

Zur Verhütung arbeitsbedingter Hauterkrankungen hat der Arbeitgeber gemäß Arbeitsschutzgesetz und DGUV Vorschrift 1 „Grundsätze der Prävention“ die Pflicht, eine Gefährdungsbeurteilung durchzuführen. Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung müssen alle Hautgefährdungen nach Art und Umfang ermittelt werden. Dabei sind physikalische, chemische oder biologische Einwirkungen zu berücksichtigen. Die Gefährdungsbeurteilung schließt auch die Bewertung des Risikos für die Entstehung von Hauterkrankungen ein.

Nach heutigem Erkenntnisstand stellt Feuchtarbeit (Arbeiten in flüssigen Medien, Tragen flüssigkeitsdichter Handschuhe) den Hauptrisikofaktor für die Entstehung eines irritativen Kontaktekzems (IKE) dar. Die einzelnen Arten der Feuchtarbeit wirken sich unterschiedlich auf die Entstehung eines IKE aus.

Feuchtarbeit (Arbeiten in flüssigen Medien, Tragen flüssigkeitsdichter Handschuhe) ist der Hauptrisikofaktor für die Entstehung eines irritativen Kontaktekzems (IKE).

Feuchtarbeiten sind Tätigkeiten, bei denen Beschäftigte einen erheblichen Teil ihrer Arbeitszeit Hautkontakt mit Wasser oder wässrigen Flüssigkeiten haben, häufig die Hände waschen oder diese Tätigkeiten im Wechsel mit dem Tragen flüssigkeitsdichter Schutzhandschuhe erfolgen. Das ausschließliche Tragen von flüssigkeitsdichten Schutzhandschuhen ist keine Feuchtarbeit.

Beim Tragen von flüssigkeitsdichten Handschuhen kann es zu einem Wärme- und Feuchtigkeitsstau unter den Handschuhen (Okklusion) und zum Aufweichen der Hornschicht kommen. Aktuellen Studien zufolge führt der Kontakt zu Wasser zu einer früheren und stärkeren Barriereschädigung als die Handschuhokklusion. Das ausschließliche Tragen von Schutzhandschuhen führt nicht zu einer Barriereschädigung. Es gibt jedoch Hinweise, dass die Haut nach dem Tragen von flüssigkeitsdichten Schutzhandschuhen empfindlicher gegenüber mechanischen Belastungen sowie gegenüber Tensiden (waschaktive Substanzen z. B. in Handreinigungsmitteln) reagiert. Weiterhin kann nach dem Tragen von flüssigkeitsdichten Schutzhandschuhen die Regeneration der Hautbarriere verzögert sein. Insgesamt zeigen Studien, dass eine Tätigkeit, bei der ausschließlich (vollschichtig) Schutzhandschuhe getragen werden müssen, anders bewertet werden sollte, als eine Tätigkeit, bei der Handschuhe wie im Rettungsdienst oft gewechselt werden und zwischendurch weitere irritativ wirkende Belastungen bestehen, z. B. Händereinigung oder Händedesinfektion.

Zur Vermeidung arbeitsbedingter Hauterkrankungen hat der Arbeitgeber auch die Gefährdungen zu beurteilen, die mit der Benutzung der Hautreinigungsmittel verbunden sind.

Die Haut kann durch Hautreinigungsmittel auf unterschiedliche Weise belastet werden:

  • Aufgrund der irritativen (hautreizenden) Substanzeigenschaften
  • Durch Entfettung, Austrocknung
  • Durch Abrasion (mechanische Beschädigung durch Abrieb)
  • Durch Störung des sauren Hornschichtmilieus

Bei zu häufiger oder zu aggressiver Händereinigung ist mit der Entstehung eines irritativen Kontaktekzems zu rechnen. Das Irritationsvermögen ist abhängig von der Zusammensetzung des Hautreinigungsmittels, insbesondere jedoch von der Art und Konzentration der eingesetzten Tenside und gegebenenfalls der enthaltenen Reibekörper und Lösemittel. Zudem ist zu berücksichtigen, dass die Kombination der häufigen tensidi-schen Händereinigung mit dem Tragen flüssigkeitsdichter Handschuhe zu einer verstärkten Irritation führen kann. Eine erhöhte Gefährdung ist ebenfalls gegeben, wenn waschaktive Substanzen (Tenside in Seifen, Syndets (synthetische Reinigungsmittel), etc.) vor dem Hautkontakt mit hautgefährdenden oder hautresorptiven Stoffen zum Einsatz kommen. Das ist z. B. der Fall, wenn die Hände zusätzlich zu einer Reinigung auch desinfiziert werden müssen.

Die Hautgefährdung durch mechanische Einwirkungen wird meistens unterschätzt. Es ist von einer erhöhten Gefährdung auszugehen, wenn zusätzlich zu einer mechanischen Schädigung der Haut durch Mikroverletzungen ein Hautkontakt zu Gefahrstoffen besteht. Zu den mechanischen Gefährdungen gehören zum Beispiel: Handreinigung mit reibemittelhaltigen Inhaltstoffen oder Bürsten.


Bei bereits vorgeschädigter, entzündeter Haut können allergieauslösende Stoffe besser in die Haut eindringen und so leichter zu einer Sensibilisierung führen. Eine einmal erworbene Sensibilisierung bleibt in der Regel lebenslang bestehen. Allergene Stoffe können zum Beispiel vorkommen in

  • Konservierungsstoffen
  • Duftstoffen, z. B. in Hautschutz-, Hautreinigungs- und Hautpflegemitteln
  • Gummiinhaltsstoffen, z. B. in Schutzhandschuhen

Aktivitäten im privaten Bereich, wie z. B. Gartenarbeit, Schwimmen oder handwerkliche Tätigkeiten, können das Risiko einer beruflich bedingten Hauterkrankung erhöhen.

Prävention von Hautbelastungen

Wesentliche Punkte einer wirkungsvollen Prävention sind:

  • Regelmäßige Unterweisungen
  • Arbeitsmedizinische Vorsorge
  • Beschaffung und zur Verfügung stellen geeigneter Hautmittel, Desinfektionsmittel, Reinigungsmittel und Handschuhe
  • Händehygiene
Unterweisung

Aufgrund der Wichtigkeit von Hautschutz wurde zusammen mit der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) und dem Landesinstitut für Arbeitsgestaltung NRW (LIA) vor einigen Jahren ein Kooperationsprojekt zur Untersuchung der Hautbelastung in Gesundheitsbetrieben durchgeführt.

Ein wesentliches Ergebnis dieses Projektes war, dass Mitarbeitende sich nicht ausreichend über die präventiven Möglichkeiten zur Vermeidung von Hauterkrankungen informiert gefühlt haben. Diese Aussage wurde durch die mangelhafte Unterweisungsquote zum Thema Hautschutz in ca. 90 % der untersuchten Gesundheitsbetriebe untermauert.

Für die Prävention von Hauterkrankungen ist es deshalb wesentlich, dass die Mitarbeitenden regelmäßig, mindestens einmal jährlich über die Problematik von Hautbelastungen und die präventiven Maßnahmen unterwiesen werden. Nur wer versteht, welche Gefahren für die Hautgesundheit bestehen, wird auch die erforderlichen Maßnahmen akzeptieren und durchführen. Bei der Durchführung der Unterweisung kann auch die betriebsärztliche Betreuung in die Pflicht genommen werden.

Arbeitsmedizinische Vorsorge der Haut

Wenn während der Tätigkeiten mehr als zwei Stunden über den Tag verteilt Feuchtarbeit (dazu zählt auch das Tragen feuchtigkeitsdichter Handschuhe) verrichtet wird, dazu gehören:

  • Hautkontakt mit Wasser oder wässrigen Flüssigkeiten von regelmäßig mehr als zwei Stunden und weniger als vier Stunden pro Arbeitstag oder
  • Hautkontakt mit Wasser oder wässrigen Flüssigkeiten und im häufigen Wechsel Tragen von flüssigkeitsdichten Schutzhandschuhen (mehr als 10 Mal und bis zu 20 Mal pro Arbeitstag) oder
  • Waschen der Hände von mindestens 15 Mal und weniger als 25 Mal pro Arbeitstag oder
  • Tragen von flüssigkeitsdichten Schutzhandschuhen und im häufigen Wechsel mit Waschen der Hände (mehr als fünf Mal und bis zu 10 Mal pro Arbeitstag)

ist der Arbeitgeber gemäß der Arbeitsmedizinischen Vorsorgeverordnung (ArbMeddVV) verpflichtet, Mitarbeitenden eine Arbeitsmedizinische Vorsorge der Haut anzubieten. Bei mehr als vier Stunden Feuchtarbeit ist die Vorsorge verpflichtend durchzuführen. Das entspricht einer tätigkeitsbedingten Exposition durch:

  • Hautkontakt mit Wasser oder wässrigen Flüssigkeiten von regelmäßig vier Stunden oder mehr pro Arbeitstag oder
  • Hautkontakt mit Wasser oder wässrigen Flüssigkeiten und im häufigen Wechsel Tragen von flüssigkeitsdichten Schutzhandschuhen (mehr als 20 Mal pro Arbeitstag) oder
  • Waschen der Hände von mindestens 25 Mal pro Arbeitstag oder
  • Tragen von flüssigkeitsdichten Schutzhandschuhen und im häufigen Wechsel mit Waschen der Hände (mehr als 10 Mal pro Arbeitstag)
Hautschutz- und Hygieneplan

Wichtig für die Anwendung von Hautmitteln, Desinfektionsmitteln und den Einsatz von geeigneten Handschuhen ist eine Übersicht für die Mitarbeitenden. Diese Funktion erfüllt der Hautschutz- und Hygieneplan. Er regelt die Anwendung der aufgeführten Produkte und stimmt alle Hautschutzmaßnahmen aufeinander ab.


Beschaffung von geeigneten Haut- und Desinfektionsmitteln

Da eine Hauterkrankung im Anfangsstadium häufig nicht als wesentliche Gesundheitsschädigung wahrgenommen wird, ist es wichtig geeignete Produkte zu beschaffen. Während bei einer gesunden Haut allergisierende Inhaltsstoffe keine Probleme bereiten, besteht bei einer vorgeschädigten Haut die Gefahr einer Allergisierung. Deshalb sollten Hautprodukte beschafft werden, die keine Duft- und Konservierungsstoffe enthalten. Da es verschiedene Hauttypen gibt, sind Produkte mit dem für den jeweiligen Hauttyp geeigneten Fettgehalt wirkungsvoller. Hautreinigungsmittel sollten ohne Duft-, Farb- und Konservierungsstoffe beschafft werden. Desinfektionsmittel sollten ebenfalls keine Farb- und Duftstoffe enthalten.

Hautschutzmittel

Hautschutzmittel sind spezielle Produkte, welche die Widerstandsfähigkeit der Haut stärken. Sie sind speziell auf die jeweilige Arbeitsaufgabe und die damit verbundenen Hautgefährdungen abgestimmt. Bei der Tätigkeit im Rettungsdienst, verbunden mit langen Handschuhtragezeiten, ist die Anwendung von geeigneten Hautschutzmitteln besonders wichtig. Sie sorgen für eine Reduktion der Schweißbildung bei längeren Handschuhtragezeiten.

Hautschutzmittel sollten vor Arbeitsbeginn, vor Feuchtarbeiten, vor dem Tragen von Handschuhen und nach Pausen verwendet werden.

Hautreinigungsmittel

Die Hände sollten nur bei sichtbarer Verschmutzung gewaschen werden oder wenn sie verschwitzt oder klebrig sind. Starke Verschmutzungen an den Händen sollten durch das Tragen von Handschuhen vermieden werden. Häufiges und intensives Händewaschen entzieht der Haut die eigenen Fette und beeinträchtigt ihre natürliche Schutzfunktion. Die Hornschicht quillt auf. Die Haut wird durchlässiger für Schadstoffe, Allergene und Krankheitserreger. Deswegen gilt: Hände schonend waschen so wenig wie möglich und nur so oft wie nötig. Auf Bürsten ist zur Händereinigung gänzlich zu verzichten. Sie verursachen mikroskopische Verletzungen, in die Keime besser eindringen können.

Hautpflegemittel

Hautpflegemittel regenerieren die Haut, indem sie ihr ausgewaschene Fette zurückgeben. Feuchtigkeitsbindende Substanzen verringern die erneute Austrocknung der Haut und diese gewinnt einen Teil ihres natürlichen Schutzes zurück. Eine gepflegte Haut steht auch für eine intakte Schutzfunktion. In eine intakte Haut können Keime und Schadstoffe nur erschwert eindringen. Hautpflegemittel sollten nach dem Händewaschen, zu Beginn der Arbeitspausen, nach Arbeitsende und in der Freizeit verwendet werden. Sie benötigen eine gewisse Zeit zum Einwirken.

Auswahl der Handschuhe
ein Arzt richtet eine Spritze auf den Arm eines Patienten©UK NRW | BGW

Vor der Auswahl und dem Einsatz von Schutzhandschuhen hat der Unternehmer eine Gefährdungsbeurteilung durchzuführen. Insbesondere beim Umgang mit Reinigungs- und Desinfektionsmittelkonzentraten müssen die Gefährdungen vor Auswahl von Schutzhandschuhen sorgfältig ermittelt und beurteilt sein. Die Schutzhandschuhe sind dann entsprechend der Dauer der Einwirkung durch den (Gefahr-)Stoff und entsprechend der Tragedauer auszuwählen. Hierbei ist der geeignete Handschuhtyp nach den Vorgaben des Herstellers zu bestimmen, da der Hersteller den jeweiligen Einsatzbereich (die bestimmungsgemäße Verwendung) von Schutzhandschuhtypen festlegt. Eine entsprechende Kennzeichnung befindet sich mindestens auf der Umverpackung des Handschuhs oder auf dem Handschuh selbst.

Die Schutzwirkung von Schutzhandschuhen ist begrenzt. Dünnwandige Latex- oder Vinyl-Handschuhe schützen zwar gegen biologische Arbeitsstoffe, nicht aber gegen die Auswirkungen von Reinigungs- oder Desinfektionsflüssigkeiten oder -konzentrate.

Eine Übersicht über die Eigenschaften verschiedener Handschuhmaterialien finden Sie hier.


Schutzhandschuhe

Schutzhandschuhe zählen zur persönlichen Schutzausrüstung. Geeignete Schutzhandschuhe müssen den Beschäftigten vom Arbeitgeber individuell in ausreichender Anzahl und passender Größe zur Verfügung gestellt und vom Beschäftigten getragen werden.

Im Rettungsdienst spielen vor allem die Gefährdungen durch biologische Arbeitsstoffe und Gefahrstoffe eine Rolle. Hier sollten Schutzhandschuhe daher folgende Kriterien erfüllen:

  • Undurchlässig für Flüssigkeiten und Chemikalien
  • Möglichst exakte Anpassung an die Anatomie der Hand
  • Hohe Elastizität
  • Das Tastgefühl der Anwendenden nicht beeinträchtigen

Diese Material- und Trageanforderungen lassen sich nicht in einem Handschuhtyp verwirklichen. Daher werden im Rettungsdienst je nach Gefährdung im Wesentlichen folgende Handschuhtypen und Handschuhmaterialien eingesetzt:

  1. Dünnwandige, flüssigkeitsdichte und allergenarme Handschuhe zum einmaligen Gebrauch für den Umgang mit Körperflüssigkeiten und -ausscheidungen (z. B. puderfreies Latex, Vinyl, Nitril)
  2. Feste, flüssigkeitsdichte und allergenarme Handschuhe zum Desinfizieren und Reinigen benutzter Instrumente, Geräte und Flächen (z. B. Nitril, PVC)
  3. Feste, flüssigkeitsdichte und allergenarme Handschuhe mit verlängertem Schaft (Haushaltshandschuhe) für Reinigungsarbeiten (z. B. Nitril, PVC)
  4. Baumwoll-Unterziehhandschuhe für Tätigkeiten mit längerer Tragezeit i. V. m. dem geeigneten Schutzhandschuh
  5. Chemikalienschutzhandschuhe beim Umgang mit Reinigungs- oder Desinfektionsmittelkonzentraten
Hinweise zum Handschuhtragen

Folgende Punkte sollten berücksichtigt werden:

  • Tragen der Schutzhandschuhe nur so lange wie nötig
  • Bei längeren Tragezeiten Baumwollunterziehhandschuhe benutzen (Feuchtigkeitsbindung)
  • Wechseln der Handschuhe bei Beschädigung oder innerer Feuchtigkeit
  • Einmalhandschuhe verlieren bei mehrmaligen Gebrauch die Schutzwirkung
  • Chemikalienschutzhandschuhe (Haushalthandschuhe) nach Gebrauch mit der Öffnung nach oben zum Trocknen aufhängen

Besteht bei Mitarbeitenden eine Handschuhunverträglichkeit, wie z. B. gegen Latexhandschuhe, hat der Arbeitgeber betroffenen Mitarbeitenden alternative Handschuhe zur Verfügung zu stellen.

Händehygiene

Den Versicherten sind in der Rettungswache leicht erreichbare Handwaschplätze mit fließend warmem und kaltem Wasser, Spendern für Hautreinigungsmittel und Einmalhandtücher zur Verfügung zu stellen.

Die Handwaschbecken sind mit Armaturen auszustatten, welche ohne Handberührungen bedienbar sind. Geeignet sind z. B. haushaltsübliche Einhebelmischbatterien mit verlängertem Hebel, die mit dem Handgelenk bedienbar sind, oder selbstschließende Waschtisch-Armaturen (Druckknopf).

Für eine notwendige hygienische Händedesinfektion sind Desinfektionsmittelspender zur Verfügung zu stellen. Eine hygienische Händedesinfektion ist nach Patientinnen-/ Patientenkontakt, Kontakt zu potenziell infektiösen Materialien oder Oberflächen oder nach dem Ausziehen der Schutzhandschuhe erforderlich.

Bei Tätigkeiten, die eine hygienische Händedesinfektion erfordern, dürfen an Händen und Unterarmen z. B. keine Schmuckstücke, Ringe, einschließlich Eheringe, Armbanduhren, Piercings, künstliche Fingernägel oder sogenannte Freundschaftsbänder getragen werden. Fingernägel sind kurz und rund geschnitten zu tragen und sollen die Fingerkuppe nicht überragen. Lackierte Fingernägel können den Erfolg einer Händedesinfektion gefährden. Deswegen ist im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung zu entscheiden, ob auf Nagellack verzichtet werden muss. 

Händewaschen ist grundsätzlich hautbelastend und daher auf ein notwendiges Minimum zu reduzieren. Auf den Vorrang der Desinfektion vor der Reinigung wird hingewiesen.


Hauterkrankung

Beruflich bedingte Hauterkrankungen entstehen oft schleichend mit anfangs nur geringen Hautveränderungen, wie Hautrauigkeit, Juckreiz und Rötung. Ein Fortschreiten der Hautveränderungen äußert sich in Form von Schwellungen, Bläschen, Krusten, Schuppen oder Hauteinrissen.

Von Mitarbeitenden und Vorgesetzten wird dies häufig unterschätzt. Anstatt bei den ersten Anzeichen zu handeln, wird nicht selten zu lange gewartet. Ungefähr 90 % der berufsbedingten Hauterkrankungen sind Ekzeme. Ekzeme sind nicht infektiöse Entzündungen der Haut. Man spricht in diesem Zusammenhang von einem 2-Phasen-Ekzem.

1. Phase: Es kann ein sogenanntes Abnutzungsekzem (irritatives Kontaktekzem) durch permanente Belastungen, wie z. B. langes Tragen flüssigkeitsdichter Handschuhe und häufiges Waschen der Hände, entstehen. 

2. Phase: Auf Grund der genannten Vorschädigung der Haut kann dann durch Eindringen von Allergenen (z. B. Duftstoffe, Konservierungsstoffe) ein allergisches Kontaktekzem entstehen. Hat sich ein allergisches Kontaktekzem gebildet, ist dies unumkehrbar und kann dazu führen, dass die Tätigkeit aufgeben werden muss.

Wird der Unfallkasse NRW eine Hauterkrankung gemeldet (Betriebsärztin/-arzt, Hautärztin/-arzt, Mitarbeitende) wird das sogenannte Hautarztverfahren eingeleitet.

Gemäß dem Hautarztverfahren ist jede Ärztin/jeder Arzt verpflichtet, bei Verdacht auf eine berufsbedingte Hauterkrankung Erkrankte zur Hautärztin/zum Hautarzt zu überweisen. Die Hautärztin/der Hautarzt ist verpflichtet einen Hautarztbericht zu erstellen und diesen an den Unfallversicherungsträger (Unfallkasse NRW) weiterzuleiten. Das Hautarztverfahren dient der Früherfassung von Hauterkrankungen und der frühzeitigen Information des Unfallversicherungsträgers. Dadurch werden die Heilungschancen betroffener Personen wirkungsvoll verbessert.

Die Meldung einer Hauterkrankung an den Unfallversicherungsträger kann durch Erkrankte (Versicherte), Ärztinnen und Ärzte erfolgen. Versicherte erhalten einen Fragebogen zur Arbeitsanamese und eine Einwilligungserklärung zur Datenerfassung (Arbeitgeber, Krankenkasse, Unfallversicherungsträger, andere Sozialversicherungsträger, Behörden etc.).

Der Unfallversicherungsträger ist gemäß § 3 der Berufskrankheitenverordnung verpflichtet, Maßnahmen zur Vermeidung einer Hautberufskrankheit durchzuführen. Dazu zählen:

  • Medizinische Behandlung
  • Maßnahmen zur Verhaltensprävention
  • Technische und organisatorische Maßnahmen am Arbeitsplatz
  • Einsatz von geeigneten Hautmitteln und Handschuhen am Arbeitsplatz

Die medizinische Behandlung wird zunächst für ein halbes Jahr von der Unfallkasse NRW bezahlt. Bei ausbleibendem Behandlungserfolg kann die Kostenübernahme verlängert werden. Bei schwerwiegenden Fällen wird den Versicherten ein mehrwöchiger Aufenthalt in einer Hautklinik angeboten.

Verhaltensprävention - Hautschutzseminar

Das Seminar ist ausschließlich für erkrankte Versicherte konzipiert. Es erfolgt eine Schulung der Versicherten über alle Aspekte des Hautschutzes und eine mögliche Einzelberatung durch eine Hautärztin/einen Hautarzt. Dabei werden individuelle Empfehlungen zu Hautschutz- und Hautpflegeprodukten, Hautreinigungsmitteln und Handschuhen gegeben. Den Abschlussbericht erhalten die behandelnde Hautärztin/der behandelnde Hautarzt und die Unfallkasse NRW. Die Unfallkasse NRW schickt ein Empfehlungsschreiben bezüglich präventiver Maßnahmen an den Arbeitgeber, und den kompletten Bericht erhält die Betriebsärztin/der Betriebsarzt. Für die Berufskrankheitenabteilung der Unfallkasse NRW ist der Abschlussbericht ein wichtiger Hinweis für das weitere Handeln. Für die Präventionsabteilung sind die Hauterkrankungsfälle ein Hinweis auf Arbeitsschutzdefizite. Es erfolgt ein Gespräch mit Versicherten und Vorgesetzten und gegebenenfalls eine Arbeitsplatzbegehung. Dabei wird auch kontrolliert, ob die vorgeschlagenen Maßnahmen des Hautschutzseminars befolgt wurden. Bei festgestellten Defiziten werden präventive Maßnahmen angeordnet.


Zusammenfassung wesentlicher Punkte

  • Mitarbeitende mit einer Hauterkrankung sollten ermutigt werden, frühzeitig, d. h. bei den ersten Anzeichen (Rötung, Risse, Jucken, Brennen nach Händedesinfektion), eine Hautärztin/einen Hautarzt aufzusuchen.
  • Das Hautarztverfahren kann auch ohne Information des Arbeitgebers durchgeführt werden (Einwilligungserklärung).
  • Durch eine frühzeitige Intervention (Meldung bei der Unfallkasse NRW, Arztbesuch) kann eine Verschlimmerung der Erkrankung und eine eventuelle Berufsaufgabe verhindert werden.
  • Unterweisungen zum Thema Hautschutz sind zwingend durchzuführen, um die Mitarbeitenden zu informieren und zu sensibilisieren.
  • Die Betriebsärztin/der Betriebsarzt hat die Verpflichtung bei der arbeitsmedizinischen Vorsorge zum Thema Haut die Versicherten zu informieren. Er kann auch bei der Unterweisung mit eingebunden werden.
  • Bei mehr als zwei Stunden Feuchtarbeit pro Schicht muss den Mitarbeitenden eine arbeitsmedizinische Vorsorge der Haut angeboten werden. Bei vier Stunden Feuchtarbeit ist eine arbeitsmedizinische Pflichtvorsorge erforderlich.
  • Beschaffung geeigneter Hautprodukte, Handschuhe und Desinfektionsmittel.

Stand: 05/2023
Webcode: w179