RW Sicherheitsbeauftragte 🔈
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Bestellung
Der Unternehmer hat aus dem Kreis der Beschäftigten Sicherheitsbeauftragte zu bestellen. § 22 des Sozialgesetzbuches 7 (SGB VII) schreibt vor, dass in Unternehmen mit regelmäßig mehr als zwanzig Beschäftigten unter Mitwirkung des Betriebs- oder Personalrats ein oder mehrere Sicherheitsbeauftragte bestellt werden müssen. Der Unternehmer hat unter Berücksichtigung der im Unternehmen bestehenden Verhältnisse hinsichtlich der Arbeitsbedingungen, der Arbeitsumgebung sowie der Arbeitsorganisation Sicherheitsbeauftragte in der erforderlichen Anzahl zu bestellen.
Anzahl der Sicherheitsbeauftragten
Kriterien für die Anzahl der Sicherheitsbeauftragten sind:
- Im Unternehmen bestehende Unfall- und Gesundheitsgefahren
- Räumliche Nähe der zuständigen Sicherheitsbeauftragten zu den Beschäftigten
- Zeitliche Nähe der zuständigen Sicherheitsbeauftragten zu den Beschäftigten
- Fachliche Nähe der zuständigen Sicherheitsbeauftragten zu den Beschäftigten
- Anzahl der Beschäftigten
Erläuterungen zur Anzahl der zu bestellenden Sicherheitsbeauftragten werden in der Broschüre DGUV Information 211-039 „Leitfaden zur Ermittlung der Anzahl der Sicherheitsbeauftragten im öffentlichen Dienst“ gegeben.
Gewinnung von Sicherheitsbeauftragten
Um die erforderliche Personenzahl von Sicherheitsbeauftragten für die ehrenamtliche Tätigkeit im Betrieb gewinnen zu können, ist es wichtig, der Tätigkeit einen hohen Stellenwert beizumessen und Sicherheitsbeauftragten Wertschätzung zu vermitteln.
Es wird empfohlen, Sicherheitsbeauftragte schriftlich zu bestellen (siehe DGUV Regel 100-001, Ziffer 4.2.1, Muster für die Bestellung von Sicherheitsbeauftragten), damit die Wertigkeit dieser Tätigkeit für den Arbeitsschutz im Betrieb deutlich wird. Auch kann die Motivation von Sicherheitsbeauftragten durch eine positive Eintragung in die Personalakte gesteigert werden.
Darüber hinaus sollten die Namen von Sicherheitsbeauftragten im Betrieb öffentlich gemacht werden, wie z. B. durch einen Aushang oder eine Information im betrieblichen Intranet. Ergänzt werden sollte die Bekanntmachung von Sicherheitsbeauftragten mit einer Information über deren Tätigkeiten, damit Kolleginnen und Kollegen sowie Vorgesetzte in Kenntnis gesetzt werden.
Eine Vorabinformation über die zukünftige Tätigkeit, z. B. durch die Fachkraft für Arbeitssicherheit, sollte selbstverständlich sein. Der anschließende Ausbildungskurs beim Unfallversicherungsträger vermittelt das erforderliche Grundwissen, und es besteht die Möglichkeit fachspezifischer Fortbildung, die der Unternehmer gewähren muss.
Zuständigkeit und Einsatzzeiten
Der Unternehmer hat bei der Bestellung von Sicherheitsbeauftragten deren Zuständigkeitsbereich festzulegen und die erforderliche Arbeitszeit für die Tätigkeit zur Verfügung zu stellen. Da es keine vorgeschriebenen Einsatzzeiten gibt, sollte bereits im Vorfeld festgelegt werden, wie viel Zeit z. B. für Begehungen der Zuständigkeitsbereiche zur Verfügung steht.
Auswahl
Je sorgfältiger Sicherheitsbeauftragte ausgewählt werden, desto wirksamer können sie ihre Funktion ausfüllen und eine große Hilfe für Vorgesetzte sein. Als Sicherheitsbeauftragte sollen verantwortungsbewusste, erfahrene und allgemein anerkannte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ernannt werden, die keine herausgehobene Stellung im Betrieb haben, sondern im normalen Arbeitsablauf integriert sind.
Zur Vermeidung von Interessenkonflikten sollen keine Personen mit Leitungsfunktion, Meisterinnen oder Meister oder andere betriebliche Führungskräfte zu Sicherheitsbeauftragten bestellt werden. Führungskräfte haben nicht nur eine beratende Funktion, sondern tragen aufgrund ihres Arbeitsverhältnisses Verantwortung für Sicherheit und Gesundheit der ihnen unterstellten Beschäftigten (siehe auch Sicherheitsbeauftragte, DGUV Information 211-042). Auch Fachkräfte für Arbeitssicherheit können nicht zu Sicherheitsbeauftragten ernannt werden.
Aufgaben
Sicherheitsbeauftragte sind ehrenamtlich tätig und sollen in ihrem Zuständigkeitsbereich den Unternehmer und seine Führungskräfte bzw. Vorgesetzte bei der Durchführung der Maßnahmen zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren unterstützen. Dabei ist es wichtig, dass Vorgesetzte Sicherheitsbeauftragte bei allen relevanten Arbeitsschutzmaßnahmen einbinden und beteiligen. Dies können z. B. sein:
- Beschaffung von persönlicher Schutzausrüstung
- Beschaffung von Hebehilfsmitteln
- Erstellung der Gefährdungsbeurteilung
- Durchführung von Unterweisungen
Zur wirkungsvollen Unterstützung der Vorgesetzten sollten Sicherheitsbeauftragte auf folgende beispielhafte Punkte achten:
- Ist eine Gefährdungsbeurteilung vorhanden (§ 5 Arbeitsschutzgesetz)?
- Werden Mitarbeitende regelmäßig unterwiesen, und wird die Unterweisung dokumentiert (DGUV Vorschrift 1, § 4 UVV „Grundsätze der Prävention“)?
- Wird eine arbeitsmedizinische Vorsorge und werden ggfs. den Mitarbeitenden Immunisierungen angeboten und durchgeführt (ArbmedVV)?
- Werden Erste-Hilfe-Leistungen dokumentiert und diese für fünf Jahre verfügbar gehalten (DGUV Vorschrift 1, § 24 Abs. 6 UVV „Grundsätze der Prävention“)?
- Ist die erforderliche persönliche Schutzausrüstung vorhanden, z. B. Schutzjacke, Schutzhandschuhe, Schutzschuhe, Schutzbrille etc. (DGUV Regel 105-003 „Benutzung von persönlichen Schutzausrüstungen im Rettungsdienst“)?
- Sind geeignete Hautmittel (Hautschutz-, Hautreinigungs-, Hautpflegemittel) vorhanden und werden sie benutzt (Ziffer 6.4.4 „Gefährdung durch Hautkontakt“, TRGS 401)?
- Ist ein Hautschutzplan vorhanden (Ziffer 7.1 (1), TRGS 401)?
- Stimmen die zur Verfügung gestellten Hautmittel mit den im Hautschutzplan angegebenen Produkten überein?
- Wird bei mehr als zwei Stunden Feuchtarbeit je Tag (z. B. Tragen von flüssigkeitsdichten Handschuhen) vom Arbeitgeber eine arbeitsmedizinische Vorsorge angeboten (Anhang Teil 1, Abs.2, Ziffer 2 e, ArbMedVV)?
- Werden Hautbeschwerden frühzeitig, z. B. der Betriebsärztin/dem Betriebsarzt/der Hautärztin/dem Hautarzt/der Fachkraft für Arbeitssicherheit, gemeldet?
- Ist eine ausreichende Anzahl von Hebehilfsmitteln vorhanden (Ermittlung durch eine Gefährdungsbeurteilung, § 5 Arbeitsschutzgesetz)?
- Werden Mitarbeitende bei der Auswahl der Hebehilfsmittel beteiligt (Empfehlung)?
- Werden Hebehilfsmittel vor der Beschaffung erprobt, und werden Mitarbeitende eingewiesen (Empfehlung, DGUV Vorschrift 1, § 4 UVV „Grundsätze der Prävention“)?
- Wird das Thema „Gewalt“ in der Gefährdungsbeurteilung berücksichtigt?
- Gibt es ein Gefahrstoffverzeichnis (§ 6 (12) GefahrStoffV)?
- Erfolgt bei vorhandenen Gefahrstoffen eine Ersatzstoffprüfung (§ 6 (1) Ziffer 4 und (8) Ziffer 2 GefahrStoffV)?
- Sind DIN EN-Sicherheitsdatenblätter vorhanden (§ 5 GefahrStoffV)?
- Sind Betriebsanweisungen für den Umgang mit Gefahrstoffen vorhanden (§ 14 (1) GefahrStoffV)?
- Werden Gefahrstoffbehältnisse ordnungsgemäß gekennzeichnet (§ 4 GefahrStoffV)?
- Werden Gefahrstoffe ordnungsgemäß gelagert?
- Sind elektrische Geräte, Maschinen, Handwerkzeuge augenscheinlich o.k.?
- Werden erforderliche Prüfungen durchgeführt, z. B. bei Elektrogeräten, Hallentoren, Druckbehältern (DGUV Vorschrift 3, § 5 UVV „Elektrische Anlagen und Betriebsmittel“, ASR A1.7 „Türen und Tore“; § 10 Druckbehälterverordnung)?
- Sind Leuchten und Verglasungen sicher erreichbar (Ziffer 7.2, DGUV Information 207-016)?
- Werden Fußböden durch die Reinigung nicht zu glatt (DGUV Regel 108-003)?
- Werden Not-Ausgänge stets freigehalten (ASR A2.3, Fluchtwege und Notausgänge, Ziffer 4 (2))?
- Gibt es keine Brandlasten im Bereich der Rettungswege (ASR A2.3, Fluchtwege und Notausgänge, Ziffer 4 (2))?
- Sind eingesetzte Leitern und Tritte technisch o.k. (Ziffer 6, DGUV Information 208-016)?
Rechte
Sicherheitsbeauftragte haben das Recht zur
- Teilnahme an innerbetrieblichen Betriebsbesichtigungen und Unfalluntersuchungen
- Teilnahme an Betriebsbesichtigungen und Unfalluntersuchungen durch Aufsichtsbehörden
- Einsichtnahme in Besichtigungs- und Unfalluntersuchungsberichte
- Teilnahme an Seminaren der Unfallkasse NRW
- Teilnahme an vierteljährlichen Sitzungen des Arbeitsschutzausschusses
- Freistellung von der Arbeit zur Erfüllung ihrer Aufgaben
Funktion
Sicherheitsbeauftragte haben in ihrer Funktion keine Weisungsbefugnis gegenüber Kolleginnen und Kollegen bzgl. der Mängelbeseitigung. Deshalb können Sicherheitsbeauftragte nur durch ihre persönliche Überzeugungskraft versuchen auf Kolleginnen und Kollegen einzuwirken, sicherheitsgerecht zu arbeiten und die zur Verfügung gestellte persönliche Schutzausrüstung zu tragen.
Unternehmer und Vorgesetzte sind „alleinige“ Entscheidungs- und Verantwortungsträger. Sicherheitsbeauftragte sind gewissermaßen als Praktikerinnen und Praktiker im Betrieb diejenigen vor Ort, die die speziellen Arbeitsschutzprobleme ihres Arbeitsbereiches genau kennen und insoweit wertvolle Anregungen im Hinblick auf Belange des Arbeitsschutzes geben können. Festgestellte Mängel und Vorschläge zur Mängelbeseitigung sollten immer an direkte Vorgesetzte weitergegeben werden.
Zusammenarbeit mit der Fachkraft für Arbeitssicherheit
Die betriebliche Praxis hat gezeigt, dass Sicherheitsbeauftragte für die Fachkraft für Arbeitssicherheit ein unentbehrliches Bindeglied zu den jeweiligen Arbeitsplätzen und den dort Beschäftigten sind. Sicherheitsbeauftragte kennen die Verhältnisse vor Ort und können daher die Fachkraft wirkungsvoll unterstützen. Es hat sich bewährt, dass die Fachkraft für Arbeitssicherheit Ansprechperson für Sicherheitsbeauftragte ist und durch regelmäßige Treffen ein fachlicher Austausch ermöglicht wird.
Arbeitsschutzausschuss
Diesem Zweck dient auch der Arbeitsschutzausschuss, an dessen Sitzungen Sicherheitsbeauftragte teilnehmen. In größeren Unternehmen ist die Zahl der Sicherheitsbeauftragten meist so groß, so dass nicht alle am Arbeitsschutzausschuss teilnehmen können. In der Praxis haben sich hier verschiedene Möglichkeiten der Begrenzung bewährt, die in der DGUV Regel 100-001, Ziffer 4.2.4 beschrieben werden.